4.jpeg„Wir sind Gastfamilie“, heißt es in weiten Teilen Portugals bei den fünftägigen Jugendbegegnungen vor dem Weltjugendtag. Zu Gast sind auch viele Gruppen aus Deutschland. In einem kleinen Ort, in dem Reis und Kiwis wachsen, sind auch junge Menschen aus dem Bistum Trier

Von Nicola Trenz

Typisch portugiesisch blau-weiß ist die kleine Kirche des Ortsteils Perraes gefliest, ein Teppich aus Blüten vor dem Eingang. Die Glocken läuten. Flaggen und selbstgebastelte Plakate am Portal: „Benvenuto“, „Bienvenido“, „Willkommen“. Auf dem Dorfplatz: Menschen jeden Alters. Sie begrüßen Jugendliche und junge Erwachsene aus Italien, Spanien und Deutschland, die für den katholischen Weltjugendtag nach Portugal gekommen sind. Bevor in Lissabon das Glaubensevent mit rund 500 000 Menschen startete, sind viele in anderen Teilen des Landes zu interkulturellen Begegnungen zu Besuch. Tina Nottinger mit Gruppe aus Bistum Trier da So auch Tina Nottinger aus Wallendorf. Sie ist mit einer Gruppe des Bistums Trier unterwegs und zu Gast in dem kleinen Ort Oia in der Nähe der Küstenstadt Aveiro. „Wir werden sehr herzlich empfangen“, sagt die Lehramtsstudentin. Alle Pilgerinnen und Pilger schlafen in Gastfamilien. Rund 150 Gäste kommen in Oia auf etwa 8000 Einwohner. Fünf Tage dauern die „Tage der Begegnung“; zwei Jahre liefen die Vorbereitungen in der Kirchengemeinde vor Ort. Gastfamilien finden, für Verpflegung sorgen, Programm bieten – die Arbeit hat sich ausgezahlt. „Jetzt sind wir stolz, dass alle da sind“, sagt Philipp Vaz aus dem Vorbereitungsteam. „Das Ganze ist großartig, weil verschiedene Kulturen und Sprachen hier sind; alle mit der gleichen Botschaft.“ Mal Italienisch, Deutsch, mal Spanisch, Portugiesisch – die Sprachen wechseln sich auch in den gemeinsamen Gottesdiensten ab. „Wir erleben hier, dass die Sprache des Glaubens universell ist“, sagt der örtliche Pfarrer Mario Ferreira. Portugiesen geben jungen Gästen Freude mit Tina Nottinger nimmt es ähnlich wahr: „Mir gefällt die Freude, die die Portugiesen den Menschen mitgeben.“ Gleichzeitig habe sie gespürt, wie deutschsprachige Musik auch den portugiesische Pfarrer berührt hat. Nicht nur in der Kirche sorgt Musik für Stimmung. Auch abends fährt Oia auf – mal mit DJ bei einer Beachparty, mal mit Folkloregruppe, Tanz und riesigem Essensbuffet unter freiem Himmel. Jeder Platz im Örtchen ist mit Girlanden und Bändern geschmückt; auch manche Häuser tragen Flaggen der Gastländer. Laufen Pilger vorbei, winken manche Menschen. „In unserer Kultur ist Gastfreundschaft sehr wichtig“, sagt Philipp Vaz. Tina Nottinger profitiert von diesem Perspektivwechsel: „Es ist ein richtiger Strom von kulturellen Eindrücken, und man kann gar nicht anders, als sich davon mitziehen zu lassen.“ Tinas Gruppe bekam am ersten Tag eine Tour durch die Region mit vielen kirchlichen und kulinarischen Stopps. Der Besuch einer für die Region typischen Porzellanfirma war ebenso dabei wie eine Wanderung mit Verkostung auf einer Kiwi-Farm. In einer Metzgerei für regional typische Spansau drehte sich ein Ferkel auf dem Spieß; ein Reisbauer erklärte, wie hier Reis wächst – zum Verkosten gab es dann Milchreis-Eis. „Relativ lange war den Menschen hier vor Ort das Ausmaß dieses Ereignisses nicht bewusst“, sagt Philipp Vaz. Erst als die Werbetrommel für den Weltjugendtag richtig anlief, fanden sich Gastfamilien und freiwillige Helferinnen und Helfer. Die Gemeinde habe alles mitgetragen, sagt Pfarrer Mario Ferreira. Zum Glück habe die Kirchenschließung während der Corona-Pandemie der Gemeinschaft in seiner Pfarrei keinen Abbruch getan. Viele ältere Menschen helfen bei der Verpflegung, die jüngeren gestalten Programm. Alle sind ausgestattet mit T-Shirts, Pullis oder Schals mit Aufdrucken wie „Tage der Begegnung in Oia“ oder „Wir sind Gastfamilie“. Und so empfängt auch jede noch so kleine Kirche in den Ortsteilen mit Stolz die Pilger in ihrer Gemeinschaft. So auch in der Kirche von Perreas. Während die Jugendlichen dort wieder aufbrechen, um zur nächsten Station weiterzuziehen, verweilen ältere Damen noch auf dem Dorfplatz. Viele von ihnen sind in Rollstühlen aus dem Pflegeheim des Ortes gekommen, um die Pilger zu begrüßen. Eine 92-jährige Dame mit Sonnenhut klatscht zur Musik. Wie sie es findet, dass diese jungen Menschen in ihrem Ort sind? „Muito bom“, sagt sie, „sehr gut“, und mit einem Strahlen in ihrem Gesicht folgen zahlreiche Wörter, denen auch ohne gute Portugiesisch-Kenntnisse zu entnehmen ist, wie sehr sie sich über den internationalen Besuch freut. Nicht nationale, sondern gemischte Teams So wird der Weltjugendtag durch die „Tage der Begegnung“ zu einer Veranstaltung für alle, egal wie alt und egal woher. „Man kann nicht so einfach in Worte fassen, was hier passiert“, sagt Tina, während sie vor dem größten Kirchturm von Oia steht, der gerade kletternd von einer Mitpilgerin erklommen wird. Sport, Kreatives und Pfadfinderspiele stehen auf dem Rundum-Sorglos-Programm der Gastgeber. Für die „Tage der Begegnung“ hier selbstverständlich: nicht in nationalen, sondern in gemischten Teams


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