Der Jugend-Kreuzweg von Lissabon

JESUS STAND AUF UND MACHTE SICH AUF DEN WEG

Maria stand auf und machte sich auf den Weg. Jesus hat von seiner Mutter gelernt: Selbst unter der Last des Kreuzes stand er auf und machte sich auf den Weg. Herr, lehre uns junge Menschen, aufzustehen und weiterzugehen. Auch wenn das Leben schwierig ist.

Erste Station
Jesus wird zum Tode verurteilt

Herr, Pilatus hat das Dekret unterzeichnet. Er hat das Urteil unterschrieben, das Deine Zukunft auslöschen wird. „Dieser Mensch muss sterben; seine Zukunft wird es nicht mehr geben.“
Herr, so fühlen sich heute viele junge Menschen: dass uns die Zukunft genommen wird. Man sagt uns, dass das Leben voller Möglichkeiten ist, aber es ist schwer zu erkennen, wo diese Möglichkeiten liegen, wenn das Geld fehlt, wenn man keine Arbeit findet und der Zugang zur Bildung versperrt ist.

Herr, selbst als Du zum Tode verurteilt wurdest, hast Du Dich nicht unterkriegen lassen. Du hast Pilatus gesagt, dass er keine Macht über Dich haben würde, wenn Gott es nicht erlaubt hätte. Und mit Gott an Deiner Seite hast Du weitergemacht und auf die Zukunft vertraut. Lehre uns, das Gleiche zu tun.

 

Zweite Station
Jesus nimmt das Kreuz auf seine Schultern

Eine schwere Last wurde Dir auf den Rücken gelegt. Und sie hatten Dich auch gefoltert. Welche Grausamkeit, Herr! Du hast in einer gewalttätigen Welt gelebt, und warst ein Opfer dieser Gewalt.
Die Welt, in der wir leben, ist vielleicht nicht viel anders. Kriege, Anschläge, Massenschießereien, aber auch Gewalt in Ehen und Beziehungen, Kindesmissbrauch, Mobbing, Machtmissbrauch und Familien, in denen die Worte, mit denen um sich geworfen wird, oft schlimmer sind als Steine.

Sie haben Dir ein Kreuz auf den Rücken gelegt, aber Du, Herr, hast nicht aufgegeben. Woher hast Du die Kraft zum Weitergehen genommen? Ich stelle mir vor, wie Du zu Dir selber sagst: „Die Liebe wird die Gewalt überwinden“. Herr, gib mir die Kraft, zu lieben.

 

Dritte Station
Jesus fällt zum ersten Mal unter dem Kreuz

Es tut mir leid, Herr, ich bin es nicht gewohnt, meine Helden am Boden liegen zu sehen, den Mund mit schmutziger Erde bedeckt. Warum hast Du Dich unterworfen? Es gibt zu viel Verlassenheit, zu viel Einsamkeit.
Du, allein. So fühle ich mich manchmal auch - wenn ich mich auf eine Nachricht freue, die nicht kommt, oder auf eine Umarmung warte, die ausbleibt. Manchmal denke ich, dass es meine Schuld ist, dass ich unbeholfen bin und mich abschotte. Manchmal denke ich: ich lebe in einer egoistischen Welt, in der jeder nur an sich selbst denkt. Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass sich viele junge Menschen einsam fühlen. Selbst wenn sie von anderen umgeben sind.

Ich betrachte Dich, wie Du auf dem Boden liegst. Ich stelle mir vor, wie Du Deinen Kopf hebst und mich anschaust. Ich stelle mir vor, wie Du sagst: „Ich falle, damit du dich mit mir wieder erheben kannst. Komm, steh auf und geh weiter. Lass uns gemeinsam gehen.“

 

Vierte Station
Jesus begegnet seiner Mutter

Im Geschrei der Menge hast Du wahrscheinlich die Stimme Deiner Mutter gehört. Eine sanfte und unverkennbare Stimme: „Mein Sohn. Hier bin ich“. Du hast ihr Gesicht gesucht. Es hat dir Ruhe geschenkt; der Kopf, der mit seinem Nicken „Ja“ gesagt hat. „Ja“. Das war alles, was du sehen wolltest. Eine Bestätigung. Ein Zeichen, das in reiner Liebe wurzelt. Wie um zu sagen: „Geh voran, engagiere dich, engagiere dich für das Gute. Gott wird dir helfen.“
Flüstere in mein Ohr, Mutter Jesu. Sprich mit mir über die Liebe, über die Hingabe. Über den Einsatz für das Gute.

Lass mich nicht herumsitzen und warten. Ich warte auf den „perfekten Moment“, die perfekte Person, den perfekten Job, die perfekte Kirche. Lass mich nicht herumsitzen und mich wundern, während die Welt ohne mich und ohne alles, was ich zu bieten habe, weitergeht. Maria, hilf mir, meine Berufung anzunehmen.

 

Fünfte Station
Simon von Zyrene hilft Jesus das Kreuz tragen


Die Soldaten zwangen einen Mann namens Simon, das Kreuz Jesu zu tragen. Sie baten ihn nicht,
sie zwangen ihn. Zwang. Er war ein Mann vom Land. Nicht einmal ein Römer. Er war
wertlos, hatte keine Rechte, kein Mitspracherecht.
Auch die heutige Welt ist voller Ausgrenzung und Intoleranz. Es gibt Minderheiten, die nicht das Recht haben, zu sprechen oder auch nur zu existieren. In vielen Ländern kann man nicht einmal die Religion seiner Wahl praktizieren. Es gibt viele Menschen, die ihre Ideen nicht frei äußern können. Jede Gruppe will ihre eigene Sichtweise durchsetzen und jeden, der anders denkt, ausgrenzen. Manchmal sogar innerhalb der Kirche. Manchmal sogar in unseren Herzen.

Du, Herr, warst Opfer von Intoleranz. Aber Du hast Dich nicht vom Hass überwältigen lassen. Und deshalb kannst Du eine Brücke zwischen allen sein. Lehre uns, Brückenbauer zu sein, wo immer wir sind.


Sechste Station
Veronika reicht Jesus das Schweißtuch

Herr, eine Frau bahnte sich den Weg durch die Menge, um Dein Gesicht abzuwischen, und Dein Bild hat sich in ihr Tuch eingeprägt. Das ist es, was Liebe bedeutet: sich vom Gesicht des anderen berühren zu lassen, auch wenn es entstellt ist. Das Gesicht eines geliebten Kindes, eines geliebten Freundes, eines geliebten Armen, einer geliebten Ehefrau oder eines geliebten Ehemanns. Das Gesicht der Kirche, das geliebt wird, auch wenn es entstellt ist. Lieben heißt, sich vom Gesicht des anderen anziehen zu lassen.

Aber wir jungen Menschen leben in einer individualistischen Welt. Tausendmal wurde uns gesagt, dass es vor allem auf unser Image, unsere Selbstverwirklichung ankommt. Dass wir das Recht haben, glücklich zu sein, und dass wir zuerst an uns selbst denken sollen. Und hier sind wir nun, egozentrisch, jeder konzentriert auf sein Telefon, auf seine eigenen Angelegenheiten, auf seine Insel, in Erwartung eines Glücks, das nie kommt. Denn das wahre Glück liegt darin, sich vom Gesicht des anderen anziehen zu lassen.

Siebte Station
Jesus fällt zum zweiten Mal unter dem Kreuz

Wieder auf dem Boden, Herr? Wenn wir einmal fallen, denken wir, dass es ein Unfall war, ein Zufall. Wenn wir öfter fallen, macht es uns Angst. Angst davor, dass dem ein Problem zugrunde liegt, das mit uns zu tun hat. Ein Ungleichgewicht.
Heutzutage, Herr, haben viele von uns jungen Menschen ein kompliziertes Gemüt. Wir leiden unter Ängsten und Depressionen, Essstörungen und Burnout. Manchmal fragen wir uns, wer wir sind und ob das Leben lebenswert ist. Manchmal fühlen wir uns ganz unten, im Dreck. Ein Problem zu sein ist schlimmer, als ein Problem zu haben.

Ich betrachte Dich, wie Du auf dem Boden liegst. Ich stelle mir vor, wie Du sagst: „Ich falle, damit du dich mit mir wieder erheben kannst. Komm, steh auf und geh weiter. Lass uns gemeinsam gehen.“


Achte Station
Jesus begegnet den weinenden Frauen

Auf Deinem Weg, Herr, bist Du Frauen begegnet, die um Dich weinten. Du hast ihnen gesagt: „Weint nicht um mich. Weint lieber um euch selbst und um eure Kinder". Du wolltest keine leichten Tränen, die nichts ändern. Du wolltest, dass sie an sich selbst denken und an die Welt, die sie der nächsten Generation, der Zukunft, hinterlassen würden.
Auch wir fragen uns, wie unsere Zukunft auf diesem Planeten aussehen wird. Wir erleben den unkontrollierten Verbrauch der Ressourcen der Erde, das Artensterben und die
Verwüstung der Wälder. Wir haben Angst vor dem Klimawandel und fühlen uns unsicher im Hinblick auf unsere Zukunft. Und all das steht in Zusammenhang mit einem ungeordneten Lebensstil, der dazu führt, dass einige verhungern, während andere durch übermäßiges Essen krank werden.

Herr, lehre uns, einen einfachen und solidarischen Lebensstil zu führen, uns der Folgen unseres Tuns bewusst zu sein und uns auf das Wesentliche zu besinnen. Mehr zu sein wie Du.

 

Neunte Station
Jesus fällt zum dritten Mal unter dem Kreuz

Ein drittes Mal auf dem Boden, Herr? Ich habe Angst um Dich, ich habe Angst, dass Du es nicht mehr schaffen wirst, aufzustehen. Oder dass Du wieder fällst, sobald Du wieder auf den Beinen bist.
Vielleicht willst Du diesen jungen Menschen nah sein, die jedes Mal wieder hinfallen, wenn sie versuchen, aufzustehen. Man wirft ihnen vor, schwach zu sein; Drogen, Pornografie und Alkohol nicht widerstehen zu können. Man wirft ihnen vor, dass sie sich in ihre Bildschirme flüchten, was sogar so weit geht, dass sie süchtig werden. Sie verstehen einfach nicht, dass das Aufstehen vielleicht eine Kraft erfordert, die sie nicht mehr haben. Und einen Glauben, den sie bereits verloren haben.

Ich betrachte Dich, wie Du auf dem Boden liegst. Ich stelle mir vor, wie Du zu jedem jungen Menschen, der unter einer Sucht leidet, sagst: „Ich falle, damit du dich mit mir wieder erheben kannst. Komm, steh auf und geh weiter. Lass uns gemeinsam gehen.“


Zehnte Station
Jesus wird seiner Kleider beraubt

Sie haben Dich ausgezogen, Herr, sie haben Dir die Kleider genommen. Ich schaue Dich an, gelassen und zuversichtlich in Deiner nackten Wahrheit. Obwohl Du nackt bist, bleibst Du, wer Du bist, denn Du hast Dir nie ein Bild von Dir selbst gemacht. Du, in Deiner Demut und in Deiner Integrität. In Deiner Wahrheit.
Wir aber leben in einer Welt der Spiegel, in der nur noch unser Aussehen, unser Image zählt.
Selfies über Selfies. Die Tyrannei des richtigen Körpers und des perfekten Lächelns. Fotos von uns
in den sozialen Medien in sorgfältig einstudierten Posen. Künstliche Posts, die auf Likes warten. Das schreckliche Gefühl, nicht wir selbst sein zu dürfen, uns verkaufen zu müssen, damit uns
die Leute schätzen und wir nicht allein dastehen. Ein Narzissmus, der uns am Ende
auf fernen Inseln allein zurücklässt.

Aber Du stehst da, nackt, einfach Du selbst, ohne Scham darüber, wer Du bist. Du hast nicht für Dein Image gelebt, sondern für das Gute. Lehre mich, Herr. Gib mir die Kraft, anders zu sein, damit ich nicht Sklave meines Images bin, sondern nach meinem Gewissen leben kann.


Elfte Station
Jesus wird ans Kreuz genagelt

Ein Nagel in jedem Handgelenk, ein dritter in Deinen Füßen. Und doch haben sie
von unten zu Dir empor geschrien: „Bist Du nicht der Sohn Gottes? Steig doch herab vom Kreuz!“
Aber das Kreuz war keine Situation, in der Du Dich zufällig befandest; es war die unvermeidliche
Folge des Umstands, dass Du bis zum Ende nicht aufgehört hast, uns zu lieben. Ein Zusammenprall zwischen der Liebe und der Gewalt der Welt.

Heutzutage versuchen viele Menschen verzweifelt, unmenschlichen Situationen zu entkommen.
Sie fliehen vor Krieg, Hunger, Wasserknappheit und politischer Verfolgung. Ihr Zuhause hat aufgehört, ihr Schutz zu sein, ist zu dem Ort geworden, der ihnen den Tod bringen kann. Sie suchen Zuflucht an einem anderen Ort auf der Welt, den sie eines Tages „Heimat“ nennen können.

Ans Kreuz geschlagen, Herr, gib all den jungen Menschen Mut, die fliehen müssen, um
ihr Leben nicht zu verlieren. Und schenke denen, die bequem in ihrer Heimat leben, ein Herz das dem Deinen gleicht.


Zwölfte Station
Jesus stirbt am Kreuz

„Vater, in Deine Hände befehle ich meinen Geist“. Du hast dich in die Arme
des Vaters gegeben. Du hast Deinen letzten Atemzug getan und bist gestorben. Und mit Dir sind all die Worte dahingegangen, die Du nicht mehr sagen konntest, all die Umarmungen, die Du nicht mehr geben konntest, all die Heilungen, die Du nicht mehr vollbringen konntest.

Was für eine Verschwendung, Herr! Wie viel Gutes hättest Du mit ein paar mehr Lebensjahrzehnten tun können! Und doch hast Du gesagt: „Es ist vollbracht“. Es gab nichts mehr zu vollbringen. Denn dort, am Kreuz, hast Du uns alles hinterlassen, was wir brauchen, um gerettet zu werden: die reine Liebe, auch wenn sie machtlos und scheinbar nutzlos ist.
Heutzutage zählt nur, wer Leistung bringt. Alte Menschen zählen nicht, Menschen mit Behinderungen zählen nicht, die Arbeitslosen zählen nicht, und auch die Träumer zählen nicht. Und auch die Spiele der Kinder zählen nicht, die oft gezwungen werden, zu arbeiten, um Geld zu verdienen, oder immer mehr zu lernen, damit sie eines Tages „echte Gewinner“ auf dem Arbeitsmarkt sein können. Dabei ist es doch die Liebe, die rettet! Verbirg mich in Deinen liebenden Wunden, Herr!


Dreizehnte Station
Jesus wird vom Kreuz abgenommen

Pietá. Jesus in den Armen Marias. Ein Sohn auf dem Schoß seiner Mutter. Die reinste Wahrheit der selbstlosen Liebe. Das Wort, das in der Stille ruht.
Und wir bleiben verloren in einer Welt zurück, die übersättigt wird mit schnell dahingesagten Worten, Informationen, Nachrichten, Werbung, und Interessen. Eine Welt, in der wir nicht mehr zwischen Wahrheit und Lüge unterscheiden können und auch nicht wissen, wem wir glauben sollen!

Herr, ich muss nicht alles wissen, ich will nicht alles wissen. Ich will nur
wissen, was notwendig ist, um ein besserer Mensch zu sein und eine menschlichere
Welt zu schaffen. Schenke mir eine große Liebe für alles, was auf der Welt rein, wahr, einfach und menschlich ist.


Vierzehnte Station
Jesus wird ins Grab gelegt


Der Friedhof. Das Ende. Als der Stein den Eingang zum Grab verdeckte, schien es
dass alles endgültig vorbei war. Es schien, Herr, dass Du und Dein Weg der Liebe
nichts als Illusion waren. Eine trügerische Hoffnung auf einen hypothetischen Sieg des Guten über das Böse. Es schien, dass alles vorbei war, dass wir realistisch sein mussten, dass die Welt wirklich für die Klugen ist und nicht für die, die vom Guten träumen – wie Du.
So oft scheint es in unserem Leben keine Zukunft zu geben! Wir sehen kein Licht am Ende des
Tunnels. Wir haben Angst, nach vorne zu schauen. Wir können keine Entscheidungen treffen, wir sehen nicht, wie die Geschichte weitergehen kann, wir sehen nur große Felsbrocken, die den Weg vor uns blockieren.

Das ist der Punkt, an dem wir Marias Stimme hören müssen. Sie erzählt uns von Enden, die Anfänge sind; vom scheinbaren Tod eines Baumes im Winter, wenn er sich gerade anschickt, im Frühling zu blühen. Von Gräbern, die Tore zur Auferstehung sind.


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