Liebe junge Menschen: Boa tarde! Bem-vindos! Willkommen und danke, dass ihr hier seid, ich freue mich, euch zu sehen! Ich freue mich über den sympathischen Lärm, den ihr macht, und darüber, dass ihr mich mit eurer Freude ansteckt. Es ist schön, zusammen in Lissabon zu sein: Ihr seid von mir hierher eingeladen worden, vom Patriarchen, dem ich für seine Worte danke, von euren Bischöfen, Priestern, Katecheten und Gruppenleitern. Lasst uns all jenen danken, die euch eingeladen haben, und all jenen, die daran gearbeitet haben, dieses Treffen möglich zu machen und ihnen einen großen Applaus spenden! Aber es ist vor allem Jesus, der euch gerufen hat: Lasst uns Jesus mit einem weiteren kräftigen Applaus danken. Ihr seid nicht zufällig hier. Der Herr hat euch gerufen, nicht nur in diesen Tagen, sondern seit Anbeginn eurer Tage. Er hat uns alle gerufen, vom Beginn des Lebens an. Er hat euch beim Namen gerufen. Wir haben das Wort Gottes gehört, der uns beim Namen gerufen hat. Versucht, euch diese drei Worte in großen Buchstaben geschrieben vorzustellen; und dann stellt euch vor, dass sie in eurem Inneren, in euren Herzen eingeschrieben sind, als ob sie die den Titel eures Lebens bilden, den Sinn dessen, was du bist: Du bist beim Namen gerufen, du, du, du, du, wir alle hier, ich, wir alle sind bei unserem Namen gerufen. Wir wurden nicht automatisch gerufen, sondern beim Namen gerufen. Lasst uns darüber nachdenken: Jesus hat mich bei meinem Namen gerufen. Das sind Worte, die ins Herz eingeschrieben sind, und dann lasst uns daran denken, dass sie in einem jeden von uns eingeschrieben sind, in unseren Herzen, und sie bilden eine Art Titel für dein Leben, die Bedeutung dessen, wer wir sind, die Bedeutung dessen, wer du bist. Du bist bei deinem Namen gerufen worden. Keiner von uns ist zufällig Christ, wir wurden alle bei unserem Namen gerufen. Am Beginn der Lebensgeschichte, noch vor den Talenten, die wir besitzen, noch vor all den Schatten und Wunden, die wir in uns tragen, sind wir gerufen worden. Sind wir gerufen worden. Warum? Weil wir geliebt sind. Wir sind gerufen worden, weil wir geliebt sind. Es ist schön. In Gottes Augen sind wir wertvolle Kinder, die er jeden Tag ruft, um sie zu umarmen, um sie zu ermutigen; um aus jedem von uns ein einzigartiges, originelles Meisterwerk zu machen. Jeder von uns ist einzigartig und ist originell, und die Schönheit von all dem können wir nicht erahnen. Liebe junge Menschen: Helfen wir uns auf diesem Weltjugendtag gegenseitig, diese Wirklichkeit zu erkennen; mögen diese Tage ein lebendiges Echo von Gottes Liebesruf sein, weil wir in den Augen Gottes wertvoll sind, ungeachtet dessen, was unsere Augen manchmal sehen, manchmal sind unsere Augen getrübt durch Negatives und durch so viele Ablenkungen geblendet. Mögen dies Tage sein, in denen mein Name, dein Name durch Brüder und Schwestern so vieler Sprachen, so vieler Nationen – wir sehen viele Flaggen –, die ihn in Freundschaft aussprechen, als einzigartige Nachricht in der Geschichte erklingt, denn Gottes Herzschlag ist einzigartig für dich. Mögen es Tage sein, in denen wir in unseren Herzen einprägen, dass wir geliebt sind, wie wir sind. Nicht so, wie wir gerne wären, sondern so, wie wir jetzt sind. Und dies ist der Ausgangspunkt des WJT, aber vor allem der Ausgangspunkt des Lebens. Junge Männer und junge Frauen, wir werden geliebt, wie wir sind, ungeschminkt. Versteht ihr das? Und wir werden mit dem Namen eines jeden von uns gerufen. Das ist keine Redewendung, sondern Wort Gottes (vgl. Jes 43,1; 2 Tim 1,9). Lieber Freund, liebe Freundin, wenn Gott dich beim Namen ruft, bedeutet das, dass für Gott keiner von uns eine Nummer ist. Er ist ein Antlitz, er ist ein Gesicht, er ist ein Herz. Ich möchte, dass alle eine Sache einsehen: Viele kennen heute deinen Namen, aber sie rufen dich nicht beim Namen. Tatsächlich ist dein Name bekannt, er taucht in sozialen Netzwerken auf, er wird von Algorithmen verarbeitet, die mit ihm Geschmäcker und Vorlieben verknüpfen. Bei all dem geht es allerdings nicht um deine Einzigartigkeit, sondern um deine Nützlichkeit für Marktanalysen. Wie viele Wölfe verstecken sich hinter einem Lächeln falscher Güte; sie behaupten, zu wissen, wer du bist, aber sie wollen dir nichts Gutes; sie erwecken den Eindruck, dass sie an dich glauben und versprechen, dass aus dir jemand wird, um dich dann allein zu lassen, sobald du nicht mehr von Interesse bist. Und dies sind die Illusionen des Virtuellen, und wir müssen aufpassen, dass wir uns nicht täuschen lassen, denn viele Wirklichkeiten, die uns heute anziehen und Glück versprechen, entpuppen sich dann als das, was sie sind: vergängliche Dinge, Seifenblasen, überflüssige Dinge, Dinge, die nicht nützen und die im Inneren eine Leere hinterlassen. Ich sage euch eines: Jesus ist nicht so, er ist nicht so; er vertraut auf euch, er vertraut auf jeden Einzelnen von euch, auf jeden Einzelnen von uns, denn für Jesus ist jeder Einzelne von uns wichtig, jeder Einzelne von euch ist wichtig für ihn. Und das ist Jesus. Und deshalb [sind] wir, seine Kirche, die Gemeinschaft derer, die gerufen sind; wir sind nicht die Gemeinschaft der Besten, nein, wir sind alle Sünder, aber wir sind gerufen, so wie wir sind. Denken wir ein bisschen darüber in unserem Herzen nach: Wir sind gerufen, so wie wir sind, mit den Problemen, die wir haben, mit den Begrenzungen, die wir haben, mit unserer überbordenden Freude, mit unserem Wunsch, besser zu sein, mit unserem Wunsch, zu gewinnen. Wir sind gerufen, wie wir sind. Denkt daran: Jesus ruft mich, wie ich bin, nicht so, wie ich gerne wäre. Wir sind Gemeinschaft von Brüdern und Schwestern Jesu, Söhne und Töchter desselben Vaters. Liebe Freunde, ich möchte klar zu euch sein, die ihr allergisch auf Unwahrheiten und leere Worte seid: In der Kirche gibt es Platz für alle. Für alle. In der Kirche ist niemand überflüssig. Keiner ist überflüssig. Es ist Platz für alle. So wie wir sind. Alle. Und Jesus macht das deutlich. Als er die Apostel aussendet, um zum Festmahl jenes Mannes einzuladen, der es vorbereitet hatte, sagt er: „Geht und bringt alle mit, Junge und Alte, Gesunde, Kranke, Gerechte und Sünder. Alle, alle, alle!“ In der Kirche gibt es Platz für alle. „Vater, aber ich bin ein Unglücklicher, ich bin eine Unglückliche, ist da Platz für mich?“ Da ist Platz für alle! Alle zusammen, jeder in seiner eigenen Sprache, sprecht mir nach: Alle, alle, alle! Man kann es nicht hören, noch einmal! Alle, alle, alle! Und das ist die Kirche, die Mutter von allen. Da ist Platz für alle. Der Herr zeigt nicht mit seinem Finger, sondern öffnet seine Arme. Das ist schon merkwürdig: Der Herr kann dies nicht tun [zeigt mit seinem Finger], aber er kann dies tun [macht die Geste der Umarmung]. Er umarmt uns alle. Er zeigt uns Jesus am Kreuz, der seine Arme so weit geöffnet hat, um gekreuzigt zu werden und für uns zu sterben. Jesus verschließt niemals die Tür, niemals, sondern lädt dich ein einzutreten; „komm und sieh“. Jesus empfängt, Jesus heißt willkommen. In diesen Tagen möge ein jeder von uns die Sprache der Liebe Jesu weitergeben: „Gott liebt dich, Gott ruft dich“. Wie schön dies ist! Gott liebt mich, Gott ruft mich. Er will, dass ich ihm nahe bin. Ihr habt mir heute Abend auch Fragen gestellt, viele Fragen. Werdet nie müde zu fragen. Werdet nicht müde zu fragen. Fragen zu stellen ist richtig, ja oft sogar besser als Antworten zu geben, denn wer fragt, bleibt „unruhig“ und die Unruhe ist das beste Mittel gegen die Gewohnheit, manchmal eine Art von Normalität, die die Seele betäubt. Jeder von uns hat seine Fragen in sich. Lasst uns diese Fragen mit uns tragen und bringen wir sie in unseren Dialog miteinander ein. Lasst sie uns mit uns tragen, wenn wir vor Gott beten. Diese Fragen, die im Laufe des Lebens zu Antworten werden, auf die wir nur noch warten müssen. Und etwas sehr Interessantes: Gott liebt überraschend. Er ist nicht programmiert. Gottes Liebe ist eine Überraschung. Sie ist eine Überraschung. Sie überrascht immer. Sie hält uns immer wachsam und überrascht uns. Liebe jungen Männer und junge Frauen, ich lade euch ein, über diese schöne Sache nachzudenken: dass Gott uns liebt. Gott liebt uns, wie wir sind, nicht wie wir gerne wären oder wie die Gesellschaft uns gerne hätte. So wie wir sind! Er ruft uns mit den Mängeln, die wir haben, mit den Begrenzungen, die wir haben, und mit den Wünschen, die wir haben, um im Leben voranzukommen. Gott ruft uns so. Habt Vertrauen, denn Gott ist ein Vater und ein Vater, der uns gern hat und ein Vater, der uns liebt. Das ist nicht ganz einfach. Und deshalb haben wir eine große Hilfe, die Mutter des Herrn. Sie ist auch unsere Mutter, sie ist unsere Mutter. Das war alles, was ich euch sagen wollte: Habt keine Angst, seid mutig, geht vorwärts und wisst, dass wir durch die Liebe Gottes zu uns beschützt sind. Gott liebt uns. Lasst es uns alle gemeinsam sagen: Gott liebt uns. Lauter, ich kann nichts hören. Hier kann man es nicht hören. Danke.
Botschaft zum 35. Weltjugendtag 2020 “Junger Mensch, ich sage dir, steh auf!” (vgl. Lk 7,14) Liebe junge Freunde, im Oktober 2018 hat die Kirche mit der Bischofssynode zum Thema Die Jugendlichen, der Glaube und die Berufungsunterscheidung einen Prozess der Reflexion über eure Situation in der Welt von heute, über eure Suche nach Sinn und Richtung im Leben wie auch über eure Beziehung zu Gott eingeleitet. Im Januar 2019 traf ich Hunderttausende eurer Altersgenossen aus der ganzen Welt, die sich in Panama zum Weltjugendtag versammelt hatten. Veranstaltungen dieser Art – Synode und Weltjugendtag – bringen eine wesentliche Dimension der Kirche zum Ausdruck: das „gemeinsame Unterwegssein“. Auf diesem Weg sind wir jedes Mal, wenn wir einen wichtigen Meilenstein erreichen, von Gott und dem Leben selbst herausgefordert, neu aufzubrechen. Ihr jungen Leute seid darin Experten! Ihr liebt es, zu reisen und mit Orten und Personen in Berührung zu kommen, die ihr noch nie zuvor gesehen habt. Ihr liebt es, neue Erfahrungen zu machen. Deshalb habe ich als Ziel eurer nächsten die Kontinente übergreifenden Pilgerreise im Jahr 2022 die Stadt Lissabon, die Hauptstadt Portugals, ausgewählt. Von dort aus brachen im 15. und 16. Jahrhundert viele junge Menschen, darunter viele Missionare, in unbekannte Länder auf, auch, um ihre Erfahrung mit Jesus anderen Völkern und Nationen weiterzugeben. Das Thema des Weltjugendtags in Lissabon wird lauten: »Maria machte sich eilends auf den Weg« (vgl. Lk 1,39). Für die beiden Jahre davor möchte ich mit euch zwei andere biblische Texte betrachten: »Junger Mensch, ich sage dir: Steh auf!“ (vgl. Lk 7,14) im Jahr 2020, und »Steh auf, ich erwähle dich zum Zeugen für das, was du gesehen hast« (vgl. Apg 26,16) im Jahr 2021. Wie ihr sehen könnt, ist allen drei Themen das Verb aufstehen gemeinsam. Dieser Ausdruck hat manchmal auch die Bedeutung von auferstehen, zum Leben erwachen. Dieses Verb kommt auch im Schreiben Christus vivit (Christus lebt) wiederholt vor, das ich euch nach der Synode von 2018 gewidmet habe und das die Kirche euch zusammen mit dem Schlussdokument als Leuchtturm anbietet, der die Wege eures Lebens erhellen kann. Ich hoffe von ganzem Herzen, dass der Weg, der uns nach Lissabon führt, überall in der Kirche mit einem starken Engagement zur Umsetzung dieser beiden Dokumente einhergeht und den in der Jugendarbeit Tätigen Orientierung in ihrer Aufgabe gibt. Wenden wir uns nun unserem diesjährigen Thema zu: Junger Mensch, ich sage dir: Steh auf! (vgl. Lk 7,14). Ich habe diesen Vers des Evangeliums bereits in Christus vivit zitiert: »Wenn du die innere Kraft, die Träume, den Enthusiasmus, die Hoffnung und die Großmut verloren hast, tritt Jesus vor dich, wie er vor dem toten Sohn der Witwe erschien, und fordert dich mit all seiner Auferstehungsmacht auf: Junger Mensch, „ich sage dir: Steh auf!“« (Nr. 20). Dieser Abschnitt erzählt uns, wie Jesus bei seiner Ankunft in der Stadt Nain in Galiläa auf einen Trauerzug trifft, der einen jungen Mann, den einzigen Sohn einer verwitweten Mutter, zu seiner Beerdigung geleitet. Jesus, der vom quälenden Schmerz dieser Frau betroffen ist, vollbringt das Wunder der Auferweckung ihres Sohnes. Aber zum Wunder kommt es erst nach einer Reihe von Verhaltensweisen und Gesten: »Als der Herr die Frau sah, hatte er Mitleid mit ihr und sagte zu ihr: Weine nicht! Und er trat heran und berührte die Bahre. Die Träger blieben stehen« (Lk 7,13-14). Lasst uns innehalten und einige dieser Gesten und Worte des Herrn bedenken. Leid und Tod sehen Jesus blickt aufmerksam auf diesen Trauerzug und lässt sich nicht ablenken. In der Menge sieht er das Gesicht einer Frau, die extrem leidet. Sein Blick bewirkt die Begegnung, die zur Quelle neuen Lebens wird. Da braucht es nicht viele Worte. Und wie steht es mit meinem Blick? Ist er aufmerksam oder eher so, wie wenn ich schnell durch die Tausenden von Fotos auf meinem Handy oder durch die Profile in den Social Media blättere? Wie oft passiert es uns heute, dass wir Augenzeugen vieler Ereignisse sind, ohne dass wir sie unmittelbar erleben! Manchmal ist unsere erste Reaktion, dass wir die Szene mit unserem Mobiltelefon filmen und dabei vielleicht vergessen, den Beteiligten in die Augen zu schauen. Um uns herum, aber manchmal auch in uns selbst, begegnen wir der Wirklichkeit des Todes: physisch, spirituell, emotional, sozial. Sind wir uns dessen bewusst oder nehmen wir die Folgen einfach hin? Können wir etwas tun, um wieder Leben zu bringen? Ich denke an viele negative Erlebnisse eurer Altersgenossen. Da gibt es etwa diejenigen, die für einen Moment alles aufs Spiel setzen und mit extremen Aktionen ihr Leben in Gefahr bringen. Andere junge Menschen hingegen sind „tot“, weil sie die Hoffnung verloren haben. Eine Jugendliche sagte mir einmal: »Bei meinen Freunden sehe ich, dass sie die Lust verloren haben, sich für irgendetwas einzusetzen, den Mut, aufzustehen.« Leider sind Depressionen auch unter jungen Menschen immer weiter verbreitet, was in einigen Fällen sogar zu Suizidversuchen führen kann. So viele Situationen, in denen Apathie herrscht, in denen man sich im Abgrund von Ängsten und Schuldgefühlen verliert! Wie viele junge Menschen weinen, ohne dass jemand den Schrei ihrer Seele hört! Und oft sind sie umgeben von den abgelenkten und gleichgültigen Blicken derer, die lieber die eigene happy hour genießen und auf Distanz bleiben. Es gibt diejenigen, die an der Oberfläche leben und sich für lebendig halten, während sie im Inneren tot sind (vgl. Offb 3,1). Ein Leben kann sich mit zwanzig Jahren in einem Abwärtstrend befinden, der der eigenen Würde nicht entspricht. Alles reduziert sich auf ein „Vor-sich-hinleben“ bei der Suche nach ein wenig Befriedigung: ein bisschen Spaß, ein paar Krümel Aufmerksamkeit und Zuneigung von anderen... Es gibt auch einen weit verbreiteten digitalen Narzissmus, der sowohl junge Menschen als auch Erwachsene beeinflusst. Viele Menschen leben so! Einige von ihnen haben vielleicht den Materialismus derjenigen in ihrer Umgebung eingeatmet, die nur daran denken, Geld zu verdienen und sich irgendwie gut einzurichten, als wären diese Dinge die einzigen Ziele im Leben. Auf lange Sicht kommt es unweigerlich zu Abstumpfung, Apathie und einer immer beängstigenderen Unlust am Leben. Solche negativen Grundeinstellungen können auch durch persönliches Versagen hervorgerufen werden, wenn etwas, das einem am Herzen lag und für das man sich eingesetzt hatte, nicht weitergeht oder nicht die gewünschten Ergebnisse bringt. Das kann in der Schule passieren oder bei sportlichen, künstlerischen Ambitionen... Das Ende eines „Traums“ kann dazu führen, dass man sich wie tot fühlt. Aber Misserfolge gehören zum Leben eines jeden Menschen, und manchmal können sie sich sogar als eine Gnade erweisen! Oft entpuppt sich etwas, von dem wir dachten, es würde uns Glück bringen, als eine Illusion, als ein Götze. Solche Götzen verlangen alles von uns und machen uns zu Sklaven, aber sie geben einem nichts dafür. Und am Ende zerfallen sie einfach und hinterlassen nichts als Staub und Rauch. In diesem Sinne sind Misserfolge, wenn sie Götzen zu Fall bringen, gut, auch wenn sie uns leiden lassen. Man könnte weitere Situationen physischen oder moralischen Todes nennen, in denen sich ein junger Mensch befinden kann, wie z.B. Sucht, Kriminalität, Elend, eine schwere Krankheit... Aber ich überlasse es euch, persönlich darüber nachzudenken und euch bewusst zu machen, was den „Tod“ in euch oder in jemandem, der euch nahesteht, in der Gegenwart oder in der Vergangenheit verursacht hat. Denkt aber gleichzeitig auch daran, dass dieser junge Mann aus dem Evangelium, der wirklich gestorben war, wieder ins Leben zurückkehrte, weil er von jemandem angeschaut wurde, der wollte, dass er lebt. Dies kann auch heute jeden Tag geschehen. Erbarmen haben Die Heilige Schrift berichtet oft von der inneren Haltung dessen, dem der Schmerz anderer „an die Nieren“ geht. Jesu Ergriffenheit lässt ihn teilhaben am Leben seines Nächsten. Er nimmt das Elend der anderen auf sich. Der Schmerz dieser Mutter wird zu seinem Schmerz. Der Tod ihres Sohnes wird zu seinem Tod. Bei vielen Gelegenheiten zeigt ihr jungen Leute, dass ihr mit-leiden könnt. Man sieht das schon daran, dass viele von euch sich großzügig und hingebungsvoll einsetzen, wenn die Umstände es erfordern. Es gibt keine Katastrophe, kein Erdbeben, keine Überschwemmung, bei der nicht viele junge Freiwillige bereit sind, mitzuhelfen. Auch die große Mobilisierung junger Menschen, die Willens sind für die Schöpfung einzutreten, zeugt von eurer Fähigkeit, den Schrei der Erde zu hören. Liebe Jugendliche, lasst euch dieses Gespür nicht nehmen! Ich hoffe, dass ihr immer auf die Schreie derer hört, die leiden; lasst euch anrühren vom Schicksal derer, die in unserer heutigen Welt weinen und sterben. »Gewisse Realitäten des Lebens sieht man nur mit Augen, die durch Tränen reingewaschen sind« (Christus vivit, 76). Wenn ihr wisst, wie man mit denen weint, die weinen, dann werdet ihr wirklich glücklich sein. Vielen eurer Altersgenossen mangelt es an Chancen, viele leiden unter Gewalt und Verfolgung. Mögen ihre Wunden zu euren werden, dann werdet ihr zu Hoffnungsträgern in dieser Welt. Ihr werdet zu eurem Bruder, zu eurer Schwester sagen können: »Steh auf, du bist nicht allein«, und ihr werdet sie erfahren lassen, dass Gott, der Vater, uns liebt und dass er in Jesus seine Hand ausstreckt, um uns aufzurichten. Nähe und „Berührung“ Jesus hält den Trauerzug an. Er kommt näher, er macht sich zum Nächsten. Die Nähe geht weiter und wird zur mutigen Geste, damit der andere lebt. Es ist eine prophetische Geste. Es ist die Berührung durch Jesus, den Lebendigen, die das Leben vermittelt. Eine Berührung, die dem toten Körper des jungen Mannes den Heiligen Geist einhaucht und ihn neu belebt. Diese Berührung durchbricht die Situation der Entmutigung und Verzweiflung. Es ist die Berührung durch das Göttliche, die auch durch echte menschliche Liebe vermittelt wird und unvorstellbare Räume der Freiheit, der Würde, der Hoffnung und eines neuen Lebens in Fülle eröffnet. Die Wirksamkeit dieser Geste Jesu ist unvorhersehbar. Sie erinnert uns daran, dass selbst ein einfaches aber konkretes Zeichen der Nähe Kräfte der Auferstehung wecken kann. Ja, auch ihr jungen Menschen könnt euch den Gegebenheiten von Leid und Tod, denen ihr begegnet, nähern, ihr könnt an sie rühren und Leben wecken wie Jesus. Das ermöglicht der Heilige Geist, wenn ihr zuerst von seiner Liebe berührt und euer Herz durch eure eigene Erfahrung seiner Güte erweicht wurde. Wenn ihr dann in eurem Inneren die sehnsuchtsvolle Zärtlichkeit Gottes für jedes lebende Geschöpf spürt, besonders für eure hungrigen, durstigen, kranken, nackten und gefangenen Brüder und Schwestern, dann könnt ihr euch ihnen nähern und sie berühren, wie er es getan hat, und sein Leben an eure Freunde weitergeben, die im Inneren gestorben sind, die leiden oder den Glauben und die Hoffnung verloren haben. »Junger Mensch, ich sage dir: Steh auf!« Der Name des jungen Mannes, den Jesus in Nain von den Toten auferweckt hat, wird im Evangelium nicht genannt. Dies ist eine Einladung an den Leser, sich mit ihm zu identifizieren. Jesus spricht zu euch, zu mir, zu jedem von uns und sagt: »Steh auf!«. Wir wissen sehr gut, dass auch wir Christen immer wieder hinfallen und dann wieder aufstehen müssen. Nur wer sich nicht bewegt, fällt nicht, aber er kommt auch nicht voran. Deshalb müssen wir das Eingreifen Christi zulassen und einen Akt des Glaubens an Gott vollziehen. Der erste Schritt besteht darin, zu akzeptieren, dass man aufstehen muss. Das neue Leben, das er uns schenken wird, wird gut und lebenswert sein, weil es von jemandem gehalten wird, der uns auch in Zukunft begleiten wird, ohne uns jemals zu verlassen, und der uns hilft, dieses unser Leben auf eine würdige und fruchtbare Weise zu gestalten. Hier geht es wirklich um eine neue Schöpfung, eine neue Geburt und nicht etwa um eine psychologische Konditionierung. Wahrscheinlich haben viele von euch in schwierigen Zeiten wiederholt die „magischen“ Worte gehört, die heute in Mode sind und die angeblich alle Probleme lösen: „Du musst an dich selbst glauben“, „Du musst deine dir innewohnenden Ressourcen finden“, „Du musst dir deiner positiven Energie bewusst werden“... Aber all dies sind nur Worte und für diejenigen, die wirklich „innerlich tot“ sind, funktionieren sie nicht. Das Wort Christi ist von anderer Qualität, es ist unendlich überlegen. Es ist ein göttliches und schöpferisches Wort, und nur dieses Wort kann wieder Leben bringen, wo es verloschen ist. Das neue Leben der „Auferstandenen“ Der junge Mann, so sagt das Evangelium, »begann zu sprechen« (Lk 7,15). Die erste Reaktion eines Menschen, der von Christus berührt und ins Leben zurückgeholt wurde, besteht darin, dass er ohne Angst und Komplexe das, was in ihm ist, seine Persönlichkeit, seine Wünsche, seine Bedürfnisse und seine Träume zum Ausdruck bringt. Vielleicht hatte er das noch nie getan, vielleicht war er überzeugt davon, dass niemand ihn verstehen würde! Reden bedeutet auch, mit anderen in Beziehung zu treten. Wenn man „tot“ ist, hat man keinen Kontakt mehr nach außen, Beziehungen brechen ab, oder sie werden oberflächlich, falsch, heuchlerisch. Wenn Jesus uns das Leben zurückgibt, gibt er uns den anderen zurück (vgl. V. 15). Obwohl wir heute vielfach vernetzt sind, gibt es oft keine Kommunikation. Die Verwendung elektronischer Geräte kann, wenn sie nicht in rechtem Maße geschieht, dazu führen, dass wir ständig am Bildschirm kleben. Mit dieser Botschaft möchte ich ausgehend von diesem Jesus-Wort „Steh auf!“ gemeinsam mit euch jungen Menschen auch die Herausforderung eines kulturellen Wandels anregen. In einer Kultur, die junge Menschen will, die isoliert und auf virtuelle Welten bezogen sind, lasst uns dieses Wort Jesu verbreiten: „Steh auf!“ Dies ist eine Einladung, sich einer Realität zu öffnen, die weit über das Virtuelle hinausgeht. Das bedeutet nicht, die Technik zu verachten, sie jedoch als Mittel und nicht als Zweck zu benutzen. „Steh auf“ bedeutet auch „träume“, „riskiere etwas“, „strebe danach, die Welt zu verändern“, entfache neu deine Sehnsüchte, betrachte den Himmel, die Sterne, die Welt um dich herum. „Steh auf und werde, was du bist!“ Dank dieser Botschaft werden viele erloschene Gesichter junger Menschen um uns herum lebendig werden und viel schöner sein als jede virtuelle Realität. Denn wenn du Leben schenkst, wird jemand dieses Geschenk annehmen. Eine junge Frau sagte einmal: „Du stehst von der Couch auf, wenn du etwas Schönes siehst, und du beschließt, das auch selbst zu tun“. Was schön ist, weckt die Leidenschaft. Und wenn ein junger Mensch sich für etwas, oder besser gesagt, für eine Person begeistert, steht er schließlich auf und beginnt, große Dinge zu tun; aus einem Toten, der er war, kann er zu einem Zeugen Christi werden und sein Leben ihm übereignen. Liebe junge Freunde, was sind eure Leidenschaften und eure Träume? Bringt sie zur Geltung und bietet dadurch der Welt, der Kirche und anderen jungen Menschen etwas Schönes im spirituellen, künstlerischen und sozialen Bereich. Ich wiederhole es euch in meiner Muttersprache: hagan lìo! Macht euch bemerkbar! Ein anderer Jugendlicher sagte einmal: „Wäre Jesus jemand gewesen, der sich nur um seine eigenen Angelegenheiten kümmert, wäre der Sohn der Witwe nicht auferstanden“. Die Auferstehung des jungen Mannes brachte ihn wieder mit seiner Mutter zusammen. In dieser Mutter dürfen wir Maria sehen, unsere Mutter, der wir die ganze Jugend der Welt anvertrauen. In ihr können wir auch die Kirche erkennen, die alle jungen Menschen ohne Ausnahme liebevoll annehmen will. Bitten wir Maria also für die Kirche, dass sie ihren Kindern, die im Schatten des Todes leben, immer Mutter sein möge. erbitten wir ihnen flehentlich neues Leben. Mit jedem ihrer Kinder, das stirbt, stirbt auch die Kirche, und mit jedem ihrer Kinder, das wieder ins Leben zurückkehrt, ersteht auch sie wieder auf. Ich segne euren Weg. Und vergesst bitte nicht, für mich zu beten. Rom, Sankt Johannes im Lateran, am 11. Februar 2020, dem Gedenktag unserer Lieben Frau von Lourdes FRANZISKUS
Die Papstpredigt zum Christkönigssonntag Die Stelle, die wir soeben gehört haben, ist der letzte Abschnitt des Matthäusevangeliums vor der Leidensgeschichte. Bevor Jesus uns am Kreuz seine Liebe schenkt, hinterlässt er uns seinen Letzten Willen. Er sagt uns, dass das Gute, das wir einem seiner geringsten Brüder – seien sie hungrig, durstig, fremd, bedürftig, krank oder gefangen – tun werden, auch ihm getan sein wird (vgl. Mt 25,37-40). So übergibt uns der Herr die Liste der Geschenke, die er sich zum ewigen Hochzeitsmahl mit uns im Himmel wünscht. Es sind die Werke der Barmherzigkeit, dank derer unser Leben ewig sein wird. Ein jeder von uns kann sich fragen: Setzte ich sie in die Tat um? Tue ich etwas für die Bedürftigen? Oder tue ich Gutes nur den Verwandten und Freunden? Helfe ich jemandem, der mir nichts zurückgeben kann? Bin ich ein Freund der Armen? Und so weiter, viele Fragen, die wir uns stellen können. „Ich bin dort“, sagt Jesus zu dir, „ich warte dort auf dich, wo du dir es nicht vorstellst und wo du vielleicht nicht einmal hinsehen möchtest, dort bei den Armen.“ Ich bin dort, wo die vorherrschende Meinung, dass das Leben dann gut geht, wenn es mir gut geht, kein Interesse zeigt. Ich bin dort, sagt Jesus auch zu dir, junger Mensch, der du die Träume des Lebens verwirklichen willst. Ich bin dort, sagte Jesus vor Jahrhunderten zu einem jungen Soldaten. Er war achtzehn Jahre alt, noch nicht getauft. Eines Tages sah er einen armen Mann, der die Menschen um Hilfe anflehte, aber keine erhielt, denn „alle gingen vorbei“. Und dieser junge Mann, „da er merkte, dass die anderen kein Mitleid zeigten, verstand, dass dieser Arme für ihn vorbehalten war“, für ihn. Aber er hatte nichts bei sich, nur seine Dienstkleidung. Also schnitt er seinen Mantel mitten durch und gab eine Hälfte dem Armen unter dem höhnischen Gelächter einiger Umstehender. In der darauffolgenden Nacht hatte er einen Traum: Er sah Jesus mit dem Mantelstück bekleidet, mit dem er den Armen umhüllt hatte. Und er hörte ihn sagen: „Martin hat mich mit diesem Gewand bekleidet“ (vgl. Sulpicius Severus, Vita Martini, III). Der heilige Martin war ein junger Mann, der diesen Traum hatte, weil er ihn gelebt hatte, ohne es zu wissen, wie die Gerechten im heutigen Evangelium. Liebe junge Freunde, liebe Brüder und Schwestern, geben wir unsere großen Träume nicht auf. Geben wir uns nicht mit dem geschuldeten Minimum zufrieden. Der Herr will nicht, dass wir den Horizont verengen, er will nicht, dass wir am Rande des Lebens parken, sondern froh und kühn nach hohen Zielen streben. Wir sind nicht dazu geschaffen, um vom Urlaub oder vom Wochenende zu träumen, sondern um Gottes Träume in dieser Welt zu verwirklichen. Er hat uns die Fähigkeit zu träumen gegeben, damit wir uns für die Schönheit des Lebens entscheiden. Und die Werke der Barmherzigkeit sind die schönsten Werke des Lebens. Die Werke der Barhmherzigkeit treffen wirklich ins Zentrum unserer großen Träume. Wenn du von wahrer Ehre träumst, nicht von der Ehre der Welt, die kommt und geht, sondern von der Ehre Gottes, dann ist genau das der Weg. Lies das Evangelium von heute, denke darüber nach. Denn die Werke der Barmherzigkeit geben mehr als alles andere Gott die Ehre. Hört genau hin: Die Werke der Barmherzigkeit geben mehr als alles andere Gott die Ehre. Anhand der Werke der Barmherzigkeit werden wir am Ende gerichtet werden. Aber wo fängt man an, um große Träume wahr werden zu lassen? Bei großen Entscheidungen. Auch darüber spricht das heutige Evangelium zu uns. Beim Weltgericht stützt sich der Herr in der Tat auf unsere Entscheidungen. Er scheint fast nicht zu urteilen: Er scheidet die Schafe von den Böcken, aber ob wir gut oder schlecht sind, hängt von uns ab. Er zieht nur die Konsequenzen aus unseren Entscheidungen, er bringt sie ans Licht und respektiert sie. Das Leben ist also die Zeit der wichtigen, maßgeblichen, ewigen Entscheidungen. Banale Entscheidungen führen zu einem banalen Leben, große Entscheidungen machen das Leben groß. Wir werden in der Tat zu dem, was wir wählen, im Guten wie im Schlechten. Wenn wir uns entscheiden zu stehlen, werden wir zu Dieben, wenn wir uns entscheiden, an uns selbst zu denken, werden wir egoistisch, wenn wir uns entscheiden zu hassen, werden wir aggressiv, wenn wir uns entscheiden, Stunden mit dem Handy zu verbringen, werden wir abhängig. Aber wenn wir uns für Gott entscheiden, werden wir jeden Tag mehr geliebt, und wenn wir uns für die Liebe entscheiden, werden wir glücklich. So ist es, denn die Schönheit der Entscheidungen hängt von der Liebe ab, vergesst das nicht. Jesus weiß, dass wir gelähmt bleiben, wenn wir verschlossen und gleichgültig leben, wenn wir uns aber für andere aufopfern, werden wir frei. Der Herr des Lebens will uns voller Leben und verrät uns das Geheimnis des Lebens: Man besitzt es nur, wenn man es hingibt. Das ist eine Lebensregel: Das Leben besitzt man jetzt und in Ewigkeit nur, wenn man es hingibt. Es stimmt, es gibt Hindernisse, welche die Entscheidungen erschweren – häufig Angst, Unsicherheit, Fragen nach dem Warum ohne eine Antwort, viel Warum. Die Liebe fordert uns jedoch auf, weiter zu gehen, sich nicht an den Fragen nach dem Warum im Leben aufzuhängen und darauf zu warten, dass eine Antwort vom Himmel kommt. Die Antwort ist gekommen: Sie ist der Blick des Vaters, der uns liebt und seinen Sohn geschickt hat. Nein, die Liebe drängt uns, vom Warum zum Für wen überzugehen, von der Frage „Warum lebe ich“ zu „Für wen lebe ich“, von „Warum passiert mir das“ zu „Für wen kann ich Gutes tun“. Für wen? Nicht nur für mich: Das Leben ist bereits voll von Entscheidungen, die wir für uns selbst treffen, um einen Schulabschluss, Freunde, ein Zuhause zu haben, um den eigenen Interessen, den eigenen Hobbys nachzugehen. Aber wir laufen Gefahr, jahrelang an uns selbst zu denken, ohne wirklich anzufangen zu lieben. Manzoni gab einen guten Rat: »Man sollte mehr darauf bedacht sein, gut zu handeln, als gut zu leben; und so wird man letztendlich zufriedener sein« (I Promessi Sposi, Kap. XXXVIII). Aber nicht nur die Zweifel und Fragen nach dem Warum bedrohen die großen hochherzigen Entscheidungen, es gibt noch viele andere Hindernisse, jeden Tag. Da ist das Konsumfieber, das das Herz mit überflüssigen Dingen betäubt. Da ist die Vergnügungswut als scheinbarer einziger Weg, den Problemen zu entkommen, doch stattdessen ist es nur ein Hinausschieben des Problems. Es kommt auch vor, dass man sich darauf versteift, die eigenen Rechte einzufordern, und dabei die Pflicht zur Hilfeleistung vergisst. Und dann gibt es da noch die große Illusion über die Liebe, die man scheinbar als starke Emotionen erleben muss, während lieben vor allem Geschenk, Entscheidung und Opfer bedeutet. Sich entscheiden heißt – insbesondere heute –, sich nicht von der Vereinheitlichung manipulieren und von den Konsummechanismen, die jede Eigenständigkeit ausschalten, betäuben zu lassen sowie auf Äußerlichkeiten und den Schein verzichten zu können. Sich für das Leben zu entscheiden bedeutet, gegen die Mentalität des Einmalgebrauchs und des Alles-und-Sofort anzukämpfen, um das Dasein auf das Ziel des Himmels, auf die Träume Gottes hin zu lenken. (...) Jeden Tag steht das Herz vor vielen Entscheidungen. Ich möchte euch einen letzten Ratschlag geben, wie ihr trainieren könnt, eine gute Entscheidung zu treffen. Wenn wir in uns hineinschauen, stellen wir fest, dass in uns oft zwei verschiedene Fragen auftauchen. Eine lautet: „Worauf habe ich Lust?“ Diese Frage ist oft trügerisch, denn sie unterstellt, dass es darauf ankommt, an sich selbst zu denken und all die auftretenden Wünsche und Triebe zu befriedigen. Aber die Frage, die der Heilige Geist dem Herzen vorlegt, ist eine andere: nicht „Worauf hast du Lust?“, sondern „Was ist gut für dich?“ Hier liegt die täglich zu treffende Entscheidung: Worauf habe ich Lust oder was ist gut für mich? Aus diesem inneren Suchen können banale Entscheidungen oder Lebensentscheidungen hervorgehen, es liegt an uns. Blicken wir auf Jesus, bitten wir ihn um den Mut, uns für das zu entscheiden, was gut für uns ist, um ihm auf dem Weg der Liebe nachzufolgen. Und um die Freude zu finden. (...) (vaticannews - skr) Dein Beitrag zu einer großen Mission: Unterstütze uns dabei, das Wort des Papstes in jedes Haus zu tragen 22 November 2020, 12:01
Gebetswache WJT 2017 GEBETSWACHE IN VORBEREITUNG AUF DEN WELTJUGENDTAG ANSPRACHE VON PAPST FRANZISKUS Päpstliche Basilika Santa Maria Maggiore Samstag, 8. April 2017 Liebe junge Freunde, danke, dass ihr hier seid! Dieser Abend stellt einen doppelten Beginn dar: der Beginn des Weges hin zur Synode, die einen langen Namen hat: „Die Jugend, der Glaube und die Berufungsentscheidung“, aber sagen wir ruhig: „die Jugendsynode“, das versteht man besser! Und auch der zweite Beginn – des Weges nach Panama: hier ist auch der Erzbischof von Panama [er zeigt auf ihn und wendet sich ihm zu]. Ich grüße dich vielmals! Wir haben das Evangelium gehört, wir haben gebetet, wir haben gesungen, wir haben der Madonna, der Mutter Blumen gebracht; und wir haben das Kreuz getragen, das aus Krakau kommt und morgen den Jugendlichen Panamas übergeben wird. Von Krakau nach Panama; und in der Mitte die Synode. Eine Synode, bei der sich kein Jugendlicher ausgeschlossen fühlen darf! „Aber… machen wir die Synode für die katholischen Jugendlichen… für die Jugendlichen, die katholischen Vereinigungen angehören, so ist sie viel stärker…” Nein! Die Synode ist die Synode für und von allen Jugendlichen! Die Jugendlichen sind die Hauptakteure. „Aber auch die Jugendlichen, die sich für Agnostiker halten?“. Ja! „Auch die Jugendlichen, die einen lauen Glauben haben?“. Ja! „Auch die Jugendlichen, die sich von der Kirche entfernt haben?“ Ja! „Auch die Jugendlichen, – ich weiß nicht, ob da jemand ist… vielleicht wird da jemand sein – die sich für Atheisten halten?“ Ja! Dies ist die Synode der Jugendlichen und wir alle wollen einander zuhören. Jeder junge Mensch hat den anderen etwas zu sagen, hat den Erwachsenen etwas zu sagen, hat den Priestern, den Ordensschwestern, den Bischöfen und dem Papst etwas zu sagen. Wir alle müssen euch zuhören! Erinnern wir uns ein bisschen an Krakau; das Kreuz erinnert uns daran. Dort habe ich zwei Dinge gesagt, vielleicht erinnert sich jemand: es ist schlimm, einen Jugendlichen zu sehen, der mit 20 Jahren in Pension geht, das ist schlimm; und es ist auch schlimm, einen Jugendlichen zu sehen, der auf dem Sofa lebt. Ist es nicht wahr? Keine Jugendlichen „in Pension“ und keine Jugendlichen „auf dem Sofa“. Jugendliche, die auf den Beinen sind, Jugendliche auf dem Weg, Jugendliche, die vorwärts gehen, einer neben dem anderen, und doch in die Zukunft schauen! Wir haben das Evangelium gehört (vgl. Lk 1,39-45). Als Maria jenes Geschenk, jene übergroße Berufung empfängt, das Geschenk Gottes zu uns zu bringen, sagt das Evangelium, dass sie – auf die Nachricht hin, ihre greise Cousine würde ein Kind erwarten und Hilfe benötigen – sich „eilends“ auf den Weg macht. Sie eilt! Die heutige Welt braucht Jugendliche, die sich „eilends“ auf den Weg machen, die nicht müde werden zu eilen; Jugendliche, die jene Berufung haben zu hören, dass ihnen das Leben eine Mission anbietet. Und wie Maria Lisa [eine junge Ordensschwester] in ihrem Zeugnis so oft gesagt hat, Jugendliche sind auf dem Weg. Sie hat ihre ganze Erfahrung erzählt: es war eine Erfahrung auf dem Weg. Wir brauchen Jugendliche auf dem Weg. Die Welt kann sich nur verändern, wenn die Jugendlichen auf dem Weg sind. Aber dies ist das Drama dieser Welt: dass die Jugendlichen – und dies ist das Drama der Jugend von heute! – dass die Jugendlichen oft ausgeschlossen sind. Sie haben keine Arbeit, sie können keinem Ideal folgen, es mangelt an Ausbildung, es mangelt an Integration… Viele Jugendliche müssen fliehen, in andere Länder auswandern… Die Jugendlichen heute, das ist hart zu sagen, sind oft Wegwerfmaterial. Und dies können wir nicht dulden! Und wir müssen diese Synode machen, um zu sagen: „Wir Jugendliche sind hier!“ Und wir gehen nach Panama, um zu sagen: „Wir Jugendliche sind hier, auf dem Weg. Wir wollen kein Wegwerfmaterial sein! Wir haben etwas Wichtiges zu geben.“ Als Pompeo [beim zweiten Zeugnis] sprach, dachte ich: zweimal war er nahezu an der Grenze, Wegwerfmaterial zu sein, mit 8 Jahren und mit 18 Jahren. Und er hat es geschafft. Er hat es geschafft. Er war fähig, wieder aufzustehen. Und das Leben, wenn wir den Horizont anschauen – so sagte auch Maria Lisa –, überrascht uns immer wieder. Beide haben es gesagt. Wir sind auf dem Weg – zur Synode und nach Panama. Und dieser Weg ist riskant; aber wenn ein Jugendlicher nichts riskiert, ist er alt geworden. Und wir müssen etwas riskieren. Maria Lisa hat gesagt, dass sie sich nach dem Sakrament der Firmung von der Kirche entfernt hat. Ihr wisst zu gut, dass hier in Italien das Sakrament der Firmung „das Sakrament des Abschieds“ genannt wird! Nach der Firmung kommt man nicht mehr in die Kirche. Und warum? Weil viele Jugendliche nicht wissen, was sie da machen sollen… Und sie [Maria Lisa] ist nie stehen geblieben, sie war immer auf dem Weg: manchmal auf dunklen Straßen, auf Straßen ohne Licht, ohne Ideale oder mit Idealen, die sie nicht ganz verstand; aber schließlich hat auch sie es geschafft. Ihr Jugendliche müsst im Leben etwas riskieren. Heute müsst ihr die Zukunft vorbereiten. Die Zukunft liegt in euren Händen. In euren Händen! Auf der Synode will die ganze Kirche die Jugendlichen hören: Was denken sie, was fühlen sie, was wollen sie, was kritisieren sie und welche Dinge bereuen sie. Alles. Die Kirche braucht noch mehr Frühling, und der Frühling ist die Jahreszeit der Jugendlichen. Außerdem möchte ich euch einladen, diesen Weg, diese Straße zur Synode und nach Panama zu gehen und sie mit Freude zu gehen, sie mit euren Hoffnungen zu gehen, ohne Angst, ohne Scham, sie mutig zu gehen. Man braucht Mut. Und zu versuchen, die Schönheit in den kleinen Dingen zu ergreifen, wie Pompeo gesagt hat, jene Schönheit des Alltags: ergreife sie, lass die Gelegenheit nicht aus! Und dafür zu danken, was du bist: „Ich bin so: Danke!“ Oft im Leben verlieren wir Zeit, uns zu fragen: „Aber, wer bin ich?“ Aber du kannst dich fragen, wer du bist, und das ganze Leben mit der Suche verbringen, wer du bist. Aber frage dich: „Für wen bin ich da?“ Wie die selige Jungfrau Maria, die fähig war, sich zu fragen: „Für wen, für welche Person bin ich da, in diesem Moment? Für meine Cousine“, und sie ist losgegangen. Für wen bin ich da, nicht wer bin ich: dies kommt später, ja, das ist eine Frage, die man stellen muss, aber vor allem, warum eine Arbeit verrichten, eine Arbeit eines ganzen Lebens, eine Arbeit die dich nachdenken lässt, die dich spüren lässt, die dich wirken lässt. Die drei Ausdrucksweisen: die Sprache des Verstandes, die Sprache des Herzens und die Sprache der Hände. Und immer weiter gehen. Und eine andere Sache möchte ich euch sagen: die Synode ist kein „Kaffeeklatsch“. Der Weltjugendtag wird kein „Kaffeeklatsch“ sein oder ein Ich-weiß-nicht-was oder eine schöne Sache, ein Fest und dann „Tschüss“, ich habe es vergessen. Nein, es geht um konkrete Dinge! Das Leben verlangt Konkretes. In dieser Kultur im Fluss braucht man etwas Konkretes und die Konkretheit ist eure Berufung. Und ich will schließen… – es gab eine geschriebene Ansprache, aber nachdem ich euch gesehen und die beiden Zeugnisse gehört habe, wollte ich dies alles sagen –: es wird Augenblicke geben, in denen ihr nichts verstehen werdet, dunkle Augenblicke, schlimme, schöne Augenblicke, dunkle Augenblicke, helle Augenblicke… aber da gibt es eine Sache, die ich unterstreichen möchte. Wir stehen in der Gegenwart. In meinem Alter sind wir dabei abzutreten… oder nicht? [lacht]. Wer garantiert das Leben? Niemand. Euer Alter hat die Zukunft vor sich. Das Leben bittet die Jugendlichen heute um eine Mission – die Kirche bittet euch um eine Mission, und ich möchte euch diese Mission geben: zurückgehen und mit den Großeltern sprechen. Das brauchen wir heute mehr denn je, wir brauchen diese Brücke, den Dialog zwischen Großeltern und Jugendlichen, zwischen alten und jungen Menschen. Der Prophet Joel sagt dies im 3. Kapitel, Vers 1 als Prophetie: „Eure Alten werden Träume haben, und eure jungen Männer haben Visionen.“ D.h. sie bringen mit den Prophetien die konkreten Dinge voran. Dies ist die Aufgabe, die ich euch im Namen der Kirche gebe: mit den älteren Menschen sprechen. „Aber das ist langweilig…, sie sagen immer die gleichen Dinge...“ Nein. Höre dem älteren Menschen zu. Sprich, erfrage Dinge. Lass sie träumen und geh du selbst durch diese Träume weiter, um prophetisch zu sprechen und um die Prophetie konkret werden zu lassen. Das ist eure Mission heute, das ist die Mission, um die euch die Kirche heute bittet. Liebe junge Freunde, seid mutig! „Aber, Pater, ich habe gesündigt, oft falle ich…“ Mir kommt ein sehr schönes Lied in den Sinn, das die Gebirgsjäger singen: „In der Kunst aufzusteigen ist es nicht wichtig, nicht zu fallen, sondern nicht liegenzubleiben.“ Auf geht’s! Du fällst? Auf und weiter. Aber denke an das, was der Großvater geträumt hat, was der alte Mann oder die alte Frau geträumt haben. Lass sie sprechen, nimm die Dinge auf und bilde die Brücke in die Zukunft. Das ist die Aufgabe und die Mission, die euch die Kirche heute gibt. Vielen Dank für euren Mut, und … nach Panama! Ich weiß nicht, ob ich es sein werde, aber es wird sicher der Papst da sein. Und der Papst wird euch in Panama fragen: „Habt ihr mit den älteren Menschen gesprochen? Habt ihr die Träume der Alten aufgenommen und habt ihr sie verwandelt in konkrete Prophetie?“ Das ist eure Aufgabe. Der Herr segne euch. Betet für mich und bereiten wir uns alle zusammen auf die Synode und auf Panama vor. Danke.